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postheadericonDraußenunterricht: Kinder lernen besser im Wald

Publiziert am 31 März, 2023 unter Kultur
Andreas Monning

Wenn man hört, dass Kinder in Finnland im Wald lernen, klingt das vor allem amüsant, bestenfalls romantisch. Kein Wunder, könnte man denken, bei denen da oben gibt es ja auch nichts anderes als Bäume. Wer aber etwas tiefer blickt und recherchiert, findet schnell heraus, dass auch in der Schweiz, in Norwegen, Schottland und Dänemark ein guter Teil des Schulunterrichts im Freien statt findet. Steckt da also vielleicht doch mehr hinter?

Zwei Kinder, die draußen unterrichtet werden... neben ihnen kniet eine Lehrerin und zeigt Dinge auf

Foto von Mikhail Nilov auf Pexels

Tut es. Das so genannte „Draußenlernen“ entwickelt sich zum pädagogischen Konzept, das im wahrsten Sinne des Wortes Schule macht. Sogar bei uns haben sich landauf landab bereits über 90 Schulen dem Trend angeschlossen, der eben weit mehr zu sein scheint als eine modische Erscheinung. (https://draussenunterricht.de/)

Dass Lernen an freier Luft weit besser funktioniert als in normalen Klassenräumen zeigen mittlerweile nämlich internationale Studien. Die Forschung hat sich des Themas angenommen und erkennt, dass Menschen in der Natur die Umgebung finden, die sie besonders aufnahmefähig macht. Besonders im Wald entspannt nämlich der für Konzentration und Planung zuständige Teil des Gehirns, die Aufmerksamkeit steigt erheblich. Und besonders bemerkenswert: Kinder, die bei ihrem Treiben ihrer Neugier folgen dürfen, lernen besonders ganzheitlich und nachhaltig.

Und: Offenbar tritt der förderliche Draußen-Effekt unabhängig davon ein, mit welchen Themen oder Tätigkeiten sich die Besucher des Waldes beschäftigen. Grundsätzlich wird es unter Bäumen zwar durchaus auch effektiver, Mathematik oder Englisch aus dem Schulbuch zu lernen, was Verfechter des traditionellen Lehrplans freuen dürfte. Am stärksten ist die Wirkung der natürlichen Umgebung allerdings dann, wenn sich die Schüler mit der Natur selber beschäftigen, also beispielsweise Messungen machen und die Höhe oder den Umfang eines Baumes berechnen.

In der direkten Auseinandersetzung mit dem Wald lernen Kinder die vielfältige Bedeutung der Bäume für uns kennen;: Als Sauerstoffproduzenten natürlich, auch als Wirtschaftsfaktor in der Forstwirtschaft, aber eben auch – und das ist neu und vielleicht besonders wichtig – den Baum als komplexes, soziales Lebewesen, das fühlt, das die Gemeinschaft pflegt, und das auf erstaunlich vielfältige Weisen mit seinen Artgenossen und seiner Umgebung kommuniziert.

„Eine paradoxe These: Kinder machen eine Naturerfahrung, und danach können alle besser lesen und schreiben“,

zitiert die Tageszeitung taz (https://taz.de/Schulunterricht-im-Wald/!5903903/) den Professor am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Bielefeld Ulrich Gebhard. Er gehe mit den Schülern raus – und das Lernen ereigne sich, sagt Gebhard, der seit Jahrzehnten die Bedeutung der Natur für die psychische und soziale Entwicklung von Kindern erforscht. In seinem wissenschaftlichen Klassiker „Kind und Natur“ fasst er die Erkenntnisse in eine einfache Formel: „Kinder brauchen Natur“. Die Universität Bielefeld erkannte, dass Gebhard einer wichtigen Erkenntnis auf der Spur ist, die unsere Pädagogik in der Krise revolutionieren könnte – und richtete eine Professur für ihn zur Erforschung ein.

Weil sich diese ebenso einfache wie schöne und hoffnungsvolle Erkenntnis herumspricht, bekommt Draußenunterricht zunehmend Schützenhilfe.

„Draußenunterricht ist sinnvoll, denn Gestaltungsmöglichkeiten und Handlungsfolgenabschätzung im lokalen und globalen Maßstab sind im Klassenzimmer sprichwörtlich begrenzt“,

schreibt zum Beispiel der bekannte Pädagoge Jakob von Au, der mit „Raus aus dem Klassenzimmer“ einen Bestseller der Outdoor-Pädagogik schuf.

Draußenunterricht ist also im Kommen und findet immer mehr Fans, doch wie macht man Draußenunterricht eigentlich richtig? Da auch Lehrerinnen und Lehrer erst einmal selbst lernen müssen, wie sie im Wald lehren müssen, hat Jakob von Au zusammen mit Wissenschaftlern der TU München eine „Praxishandreichung zum Draußenunterricht“ geschrieben, die man bei Interesse hier kostenlos heruntergeladen werden kann:

https://www.researchgate.net/publication/344688787_Praxishinweise_fur_den_Draussenunterricht_-_Eine_Handreichung

 

Quellen:

https://draussenunterricht.de/

https://taz.de/Schulunterricht-im-Wald/!5903903/