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postheadericonUpcycling – Autoschrott wird neues Leben eingehaucht

Publiziert am 1 Juni, 2023 unter Umwelt
Andreas Monning

Wenn wir nichts unternehmen, versinkt unsere Welt im Müll. Sagenhafte 8,2 Millionen Tonnen Schrott erzeugt allein der Deutschen liebstes Spielzeug, das Auto, jedes Jahr. Und da unsere Zivilisation bis heute eine stetig wachsende Zahl solcher Dinge hervorbringt, die massenhaft produziert, konsumiert und absehbar weggeworfen werden, werden mittlerweile knappe Ressourcen verschwenderisch verbraucht und unser Planet überlastet.

Grauer Rucksack von Airpack

Vom Autoschrott zum schicken Rucksack von AIRPAQ

Bild-Quelle: airpaq.de

Doch das Umdenken hat begonnen. Ein hoffnungsvolles Zeichen dafür ist die ebenfalls stetig wachsende Zahl moderner, neuer Studiengänge, die sich dem Thema Nachhaltigkeit widmen. Nicht selten suchen junge Menschen schon im Rahmen ihres Studiums nach Lösungen, die dazu beitragen, dass wir als Menschheit vielleicht doch noch die Kurve kriegen und zu einer nachhaltigen Art zu leben finden – und vor allem zu wirtschaften.

Michael Widmann und Adrian Goosses sind zwei dieser hoffnungsvollen jungen Menschen. Die beiden haben sich im Studium kennen gelernt, und als es im ersten Semester in „Strategic Entrepreneurship“ praktisch werden sollte, suchten die beiden gemeinsam nach einem wie sie sagten „coolen“ Recycling-Projekt. Ihre ausgiebige Suche nach Materialien und Ideen führte sie auch auf einen Schrottplatz.

Müll zum Basteln gab es dort ohne Ende, und an Inspiration fehlte es den beiden Studenten auch nicht. Die Weichen stellten sich dann durch praktische Fragen wie Transportierbarkeit. Zur Verwertung von alten Autoreifen beispielsweise hatten die beiden zwar jede Menge Ideen, auf einem Fahrrad ließen die sich allerdings schlecht transportieren. Da boten sich vielmehr die leichten Textilien von Airbags an, und auch Sitzgurte und deren Schlösser ließen sich ohne Probleme verstauen.

Kein Wunder also, dass die Produktreihe der kreativen Studenten individuelle, attraktive Taschen, Rucksäcke und sogar Fliegen namens „Airpaq“ (https://www.airpaq.de/) wurden, die vorwiegend aus diesen drei Komponenten bestehen. Alleine deren Anteil am jährlichen Autoschrott beträgt 164.000 Tonnen. 2017 wurde das Gründungsdatum ihrer zukunftsweisenden Firma, die 2022 mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet wurde, das GEO-Casting „Wer wird Visionär“ gewann und noch zahlreiche weitere Auszeichnungen einsammelte. Und das alles wohlgemerkt als „Startup“, das nicht der digitalen, sondern der ganz dinglichen Welt angehört. Unter den zahllosen Artikeln die zu der bemerkenswerten Gründung geschrieben wurden, ist der Beitrag der Süddeutschen Zeitung einer der schönsten (https://sz-magazin.sueddeutsche.de/die-loesung-fuer-alles/airpaq-upcycling-autoschrott-airbags-91554?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE).

Beim Airpaq geht es im Kern um Recycling, also das Wiederverwerten von Abfall, das steht außer Frage. Aber die besondere Form des „Upcycling“ bedeutet nicht, dass alle Materialien benutzt worden sein müssen. Der entscheidende Punkt ist, dass die Materialien unweigerlich auf dem Müll gelandet wären. Eine sehr gute Quelle für Upcycling stellt deshalb Ausschussware dar, brandneue Teile, die durch Fehler bei der Produktion kleine Mängel aufweisen, die sie für den eigentlichen Zweck unbrauchbar machen. Ergibt sich jetzt nicht eine andere Verwendung, wandern sie direkt aus der Produktion auf dem Müll. Wegen der hohen Sicherheitsstandards fliegen etwa die Schlösser von Sicherheitsgurten schon bei allerkleinsten Produktionsfehlern zu tausenden auf dem Müll.

Für Rucksäcke dagegen sind sie natürlich mehr als geeignet und geben wie beim Airpaq perfekte Verschlüsse ab. Genauso sieht es bei den Gurten selber aus. Kleinste Webfehler bei der Produktion machen aus dem nagelneuem Gurtmaterial aus Sicherheitsgründen Abfall, für den Einsatz als Tragegurte eines Rucksacks sind sie dagegen bestens geeignet. Über 28.000 Gurtschlösser, 80.000 Airbags und 100.000 Sitzgurte haben die beiden bisher weiterverarbeitet. Das entspricht etwa 60 Tonnen Autoschrott.

Da wirkt es vergleichsweise unerheblich, dass man auch bei einem Recycling- beziehungsweise Upcycling-Produkt nicht darum herum kommt, für einen kleinen Teil der eingesetzten Materialien Neuware zu verwenden. Bei Fäden beispielsweise, die verlässlich haltbar sein und deshalb hochwertig hergestellt werden müssen, ebenso bei Reißverschlüssen.

 

 

Die Airpaq-Produkte sind wirklich ein wunderbares Beispiel für gelungenes Upcycling, denn den Machern geht es letztlich um etwas ganz Grundsätzliches: Um Nachhaltigkeit. Und die betrifft nicht nur die Frage nach Materialien, sondern den gesamten Wertschöpfungsprozess. Dazu gehört selbstverständlich, dass die Produkte langlebig sind, aber zum Beispiel auch, dass bei der Herstellung die Umwelt so wenig wie möglich belastet wird und die Produkte in der EU hergestellt werden und nicht unter fragwürdigen Bedingungen in Entwicklungsländern. Wichtig ist den beiden jungen Gründern außerdem, dass die Hersteller der hochwertigen Ausschussware eine angemessene Vergütung erhalten – und nicht zuletzt, dass die Näherinnen und Näher fair entlohnt werden.

 

Quelle: https://www.airpaq.de/